Durchsuchung bei "Morgenpost": Springer hat was für Polizisten übrig

Ein Redakteur der "Berliner Morgenpost" soll einen Polizisten bestochen haben. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt bei Durchsuchung Beweismittel

Ganz so heilig wie der Papst ist der Springer-Verlag offenbar nicht... Verlagsgebäude in Berlin. Bild: dapd

Erstmals seit vielen Jahren hat die Berliner Staatsanwaltschaft die Redaktionsräume einer Zeitung durchsuchen lassen. Am Mittwoch wurde der Arbeitsplatz eines Reporters in den Räumen der Berliner Morgenpost gefilzt. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, ist auch die Privatwohnung des Journalisten durchsucht worden. Dabei habe die Staatsanwaltschaft unter anderem Computer beschlagnahmt. Die Morgenpost erscheint im Axel Springer Verlag.

Gegen den Journalisten wird ermittelt, weil er einen Beamten des Landeskriminalamts (LKA) für die Weitergabe von Informationen aus einem Ermittlungsverfahren bestochen haben soll. Das Ermittlungsverfahren geht auf eine missglückte Großaktion der Polizei gegen eine Gruppe Hells Angels Ende Mai zurück. Das Charter, das bei dieser Gelegenheit verboten werden sollte, hatte von der geplanten Razzia Wind bekommen und sein Klubhaus tags zuvor ausgeräumt. Aber auch Medien wie Spiegel Online und die Morgenpost wussten frühzeitig Bescheid. Für die Polizei war deshalb klar: Der Informant muss aus ihren eigenen Reihen kommen. Im August wurden der Arbeitsplatz und die Wohnung eines Beamten durchsucht, der im Rockerdezernat des LKAs tätig ist.

Bei den seinerzeit sichergestellten Beweismitteln befanden sich jene Unterlagen, die nun zu der Durchsuchung bei dem Redakteur der Berliner Morgenpost führten. Nach Informationen der taz war bei dem Beamten eine an den Axel Springer Verlag gerichtete Rechnung gefunden worden. Ausgewiesen ist eine Summe von 3.000 Euro. Der Beleg für diese Rechnung, erfuhr die taz, wurde den Ermittlern am Mittwoch unmittelbar vor der eigentlichen Durchsuchung im Springer Verlag ausgehändigt.

Der Vorwurf der Bestechung ist ein für eine Zeitung mehr als rufschädigender Vorgang. Von der Morgenpost war am Freitag zu der Rechnung keine Stellungnahme zu erhalten. In einer allgemeinen Pressererklärung teilte der Verlag mit: „Wir weisen die Verdächtigung gegenüber einem unserer Redakteure zurück. Die Durchsuchung ist grob unverhältnismäßig und rechtswidrig“. Mit Blick auf die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit und das Redaktionsgeheimnis habe der Verlag Rechtsmittel eingelegt. Justizsprecher Steltner bestätigte, dass die beschlagnahmten Festplatten bis zu einer Entscheidung des Landgerichts nicht ausgelesen würden.

Die Journalistenverbände übten scharfe Kritik an der Polizeiaktion. Alexander Fritsch vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) sagte, Quellenschutz sei „ein so hohes Gut, dass man auch wegen eines solchen Verdachts keine Redaktion durchsuchen sollte“. Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union bei Ver.di bezeichnete das Vorgehen der Behörden als „vollkommen unverhältnismäßig“. Anscheinend stehe die Berliner Polizei sehr unter Druck, endlich einen „Maulwurf“ zu präsentieren, so Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß.

Der beschuldigte Redakteur ist langjähriger Polizeireporter der Morgenpost. „Er geht dahin, wo es kracht, raucht und wehtut“, pries die Zeitung unlängst einen seiner Artikel. In Journalistenkreisen kursiert über ihn die Meinung, absolut integer zu sein. Wegen seiner guten Kontakte zur Polizei sei er den Ermittlern ein Dorn im Auge. „Man wollte bei ihm mal auf den Busch klopfen“, so Kollegen. Eine Durchsuchung, die dem Zweck dient, Informanten eines Journalisten zu ermitteln, ist laut Bundesverfassungsgericht rechtswidrig.

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