Norwegens Außenminister: Ungünstig geknipst

Ein harmloser Wahlkampfauftritt von Norwegens Außenminister Espen Barth Eide sorgt für Schlagzeilen, selbst in Israel. Grund ist ein Fotostreich.

Portraitaufnahme von Espen Barth Eide

So geht es richtig: Der Außenminister ohne unerwünschte visuelle Trittbrettfahrer Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

HÄRNÖSAND taz | Dass sein 1.-Mai-Besuch in der Region Grenland internationale Aufmerksamkeit erlangen würde, damit konnte Espen Barth Eide unmöglich rechnen. Der norwegische Außenminister war unterwegs, um in Kleinstädten unter der Maisonne sozialdemokratische Reden zu halten. Auf Facebook zeigen Ortsgruppen von Arbeiderpartiet und Gewerkschaften stolz Bilder vom hohen Besuch – der lächelnde Außenminister neben den Ihren.

Wie viele Fotos von Barth Eide an diesem Tag gemacht wurden, ist nicht überliefert, wohl aber, welches es bis in die israelische Presse geschafft hat: Eine freundlich dreinblickende Frau hält ein Plakat hoch, auf dem steht, schwarz auf rot unter einer Palästina-Flagge: „Fuck Israel. Fuck Nato. Fuck Capitalism“. Der Außenminister lächelt daneben freundlich in die Kamera. Die Frau postete das Bild auf Face­book, dazu die Worte: „Heute habe ich Espen Barth Eide radikalisiert.“

Nachdem der Post sich weithin verbreitet hatte, sah sich das norwegische Außenministerium zu einer Klarstellung genötigt: „Der Außenminister und Norwegen sind weder gegen Israel noch gegen Kapitalismus oder die Nato“, teilte eine Sprecherin mit. Barth Eide könne sich nicht daran erinnern, das Plakat gesehen zu haben, und sei sich über dessen Inhalt nicht bewusst gewesen. Der Minister habe auch die Frau nicht gekannt. Sie sei Teil einer Gruppe gewesen, die bei der Veranstaltung gegen ihn und die Regierung protestiert hätte.

Wer die Frau ist, weiß man inzwischen sogar in Israel. Sie heißt Mona Osman, ist seit Jahren lokalpolitisch für die sehr linke Partei „Rødt“ (Anti-Nato, Anti-EU, pro „Demokratischer Sozialismus“) und als Pro-Palästina-Aktivistin aktiv. Was in Israel zusätzlich für Aufregung sorgt: Ihr Vater, norwegischer Staatsbürger, wurde 2020 unter Terrorverdacht nach Frankreich ausgeliefert. Er soll am Attentat auf ein jüdisches Restaurant in Paris 1982 beteiligt gewesen sein, bei dem sechs Menschen getötet wurden. Bis heute sitzt er in Untersuchungshaft.

„Ein bisschen scherzen“

Nach ein paar sehr stillen Tagen veröffentlichte Mona Osman nun eine Erklärung auf Facebook, in der sie die Aktion einen „Stunt“ nannte, der eigentlich nur lustig gemeint war. Israel nennt sie in einem Nebensatz „einen verrückten Staat“, und sie schreibt, dass doch allen halbwegs informierten Menschen klar sei, dass der Außenminister nicht für die von ihr zur Schau getragenen Haltungen stehe.

„Es kann sein, dass es sich gut anfühlte für mich als Palästinenserin, ein bisschen zu scherzen, nachdem ich (…) immer wieder hören musste, wie der Außenminister, der Staatsminister und die Regierung sich als Israel-Freunde bezeichnet haben und Israels Recht auf Selbstverteidigung betonten“, schreibt Osman weiter.

Sie wird dafür unter anderem von der norwegischen Friedensforscherin Hilde Henriksen Waage kritisiert: „Es sollte unter der Würde von Aktivisten sein, einen norwegischen Außenminister zu missbrauchen, um ihre eigenen politischen Ziele voranzutreiben – ohne darüber nachzudenken, welchen Schaden sie damit anrichten können“, sagte sie im Norwegischen Rundfunk NRK.

Espen Barth Eide hatte schon früh Israels Reaktion auf den Hamas-Terror als „nicht mehr im Rahmen des humanitären Rechts“ kritisiert. Anfang November 2023 stimmte Norwegen für die UN-Resolution, bei der sich der restliche Norden ebenso wie Deutschland und die meisten westlichen Länder enthielten. Der Außenminister ist Verfechter einer Zwei-Staaten-Lösung und forderte immer wieder zur Erneuerung des Dialogs auf.

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