Neue Berliner Verkehrssenatorin: Ute Bonde schwebt ein

Mit der VBB-Chefin Ute Bonde macht der Regierende Bürgermeister eine Verkehrsexpertin zur Senatorin – mit einem Hang zu Luftschlössern.

Seit einem Jahr VBB-Chefin, bald Verkehrssenatorin: Ute Bonde (CDU) Foto: IMAGO / Funke Foto Services

BERLIN taz | Das ging schnell: Nachdem Verkehrs-, Umwelt- und Klimaschutzsenatorin Manja Schreiner (CDU) am Dienstag überraschend ihren Rückzug verkündete, durfte man damit rechnen, dass sich der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) etwas Zeit mit der Benennung ihrer Nachfolge lassen würde. Immerhin ist der Posten ein Schlüsselressort, das mit wichtigen Zukunftsthemen wie Mobilitätswende und Klimaneutralität befasst ist.

Aber schon drei Tage später steht fest, wer in das kurzzeitig verwaiste Amtszimmer am Köllnischen Park in Mitte einzieht: Ute Bonde (ebenfalls CDU), zurzeit noch Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB).

Die 55-jährige Juristin Bonde soll in der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses am 23. Mai vereidigt werden. Den Chefposten beim VBB hat sie erst seit einem Jahr inne, mit dem Thema Verkehr – und insbesondere mit dem öffentlichen Nahverkehr – kennt sie sich aber bestens aus: Von 2009 bis 2023 leitete sie die Konzernrechtsabteilung der BVG, von 2019 bis 2023 war sie auch deren Prokuristin. Zuvor war sie zehn Jahre in der Senatsfinanzverwaltung und weitere vier Jahre in der Wirtschaftsverwaltung tätig gewesen.

Damit tritt seit Langem wieder einmal eine ausgewiesene Expertin das SenatorInnenamt an – zumindest in einem der Zuständigkeitsbereiche der Verwaltung. Mit dem Thema Mobilität waren weder Manja Schreiner – vor Amtsantritt Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin Brandenburg – noch ihre Grünen-Vorgängerinnen Bettina Jarasch und Regine Günther eng vertraut gewesen.

Ute Bondes BVG- und VBB-Hintergrund lässt annehmen, dass der Ausbau des ÖPNV für sie eine zentrale Rolle spielen wird. Ob das gleichzeitig eine Abkehr von der neuen Autofreundlichkeit bedeutet, die mit ihrer Vorgängerin Einzug hielt, ist freilich völlig offen.

„Ausgewiesene Fachfrau“

Der Sprecher des Fahrgastverbands IGEB, Jens Wieseke, bezeichnete Bonde gegenüber der taz in einer ersten Reaktion als „ausgewiesene Fachfrau, die das Metier gut kennt“. Allerdings müsse sie sich „stärker auf die alltäglichen Probleme der Berlinerinnen und Berliner konzentrieren – die heißen: Beschleunigung von Bus und Tram, sichere und modernere U-Bahn und Ausbau von S- und Regionalverkehr auf Basis des Projekts i2030“.

Tatsächlich ließ Bonde erst vor Kurzem eine gewisse Abgehobenheit vom ÖPNV-Tagesgeschäft erkennen, als sie dem Tagesspiegel erklärte, warum sie von der Idee einer Magnetschwebebahn begeistert sei. Sie verglich das von der CDU-Fraktion promotete Technologie-Experiment mit der Entscheidung in einem Privathaushalt: „Lässt man seine Waschmaschine zehn Jahre lang reparieren oder kommt man nicht irgendwann mal auf die Idee, eine neue zu kaufen, mit viel besseren Energie- und Umweltstandards?“

Bonde träumte in dem Interview sogar laut davon, die Schwebebahn auf der einmal von der BVG ins Spiel gebrachten „autonomen Ring-U-Bahn“ rund um Berlin einzusetzen. Auch hob sie hervor, wie gut sich die Betonstelzen der Magnetbahn begrünen und mit Solarpanels ausstatten ließen. Das lässt zu einem gewissen Grad erahnen, wie ihre spezifische Herangehensweise an die Themen Umwelt und Klima sein könnte.

Grünen warnen vor „Luftschlössern“

Für die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus erklärte deren Vorsitzender Werner Graf am Freitag, Bondes Expertise im Verkehrsbereich sei „unbestreitbar“, ihre „Erfahrungen, Mobilität über die Grenzen Berlins hinaus zu denken“, seien ein „großer Vorteil“.

Jetzt müsse die künftige Senatorin aber die Baustellen ihrer Vorgängerin anpacken: „den Verkehrswendestopp beenden, die Probleme der BVG angehen und die riesigen Einsparungen im Haus mit minimalem Schaden umsetzen“. Dagegen, so Graf, solle Schreiners Nachfolgerin keine Haushaltsmittel in „Luftschlösser wie Flugdrohnen und Magnetschwebebahnen“ versenken.

Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Antje Kapek glaubt, Bonde werde im anstehenden Poker um die vom Landeshaushalt vorgesehenen Pauschalen Minderausgaben „schnell einen Realitätscheck erfahren“. Im Übrigen halte sie die neue Senatorin für eine „selbstbewusste Frau, die sich hoffentlich nicht auf der Nase herumtanzen lasen wird“. Letzteres wohl in Anspielung auf die starke Stellung von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner in Sachen Verkehrspolitik.

Der Tatsache, dass Bonde mit dem VBB einen Verbund der beiden Länder Berlin und Brandenburg leitete, kann Kapek viel abgewinnen: „Vielleicht hilft ihr der Brandenburger Blick, noch einmal neu darüber nachzudenken, ob die Insellösung des 29-Euro-Tickets für Berlin sinnvoll ist.“

Für den ADFC gratulierte dessen Sprecher Karl Grünberg der künftigen Senatorin zur Ernennung. Grünberg bezeichnete Ute Bonde als „starke Stimme für klimafreundliche Mobilität“, die wisse, „dass der ÖPNV als Alternative zum Auto attraktiv gestaltet sein muss“. Dasselbe gelte freilich auch für das Fahrrrad. „Die Ber­li­ne­r:in­nen freuen sich bestimmt auch über viele, neue Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen“, so Grünberg.

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