Reform des Klimaschutzgesetzes: Verwässertes Klimagesetz kommt

Die Spitzen der Ampelkoalition einigen sich auf eine umstrittene Reform. Die angedrohten Fahrverbote des Verkehrsministers sind damit vom Tisch.

Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos

Der Verkehr bleibt das Sorgenkind beim Klimaschutz Foto: Marijan Murat/dpa

BERLIN taz | Weniger Verbindlichkeit beim Klimaschutz: Die Fraktionen der Ampelkoalition im Bundestag haben sich bei der Reform des Klimaschutzgesetzes und einem Solarpaket zusammengerauft. Das haben die Fraktionsspitzen am Montagnachmittag bekannt gegeben.

Bislang sieht das deutsche Klimaschutzgesetz konkrete CO₂-Grenzwerte für jedes Jahr und verschiedene Wirtschafts- und Lebensbereiche vor, etwa Energie, Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft. Werden diese verfehlt, muss das zuständige Ministerium ein Sofortprogramm vorlegen.

Künftig soll stattdessen die ganze Bundesregierung für Klimaschutz im Gesamten verantwortlich sein – und will dabei sektoren- und jahresübergreifend vorgehen. Die jährlichen Grenzwerte, die im Gesetz stehen, sind damit praktisch bedeutungslos. Zudem sind die Mi­nis­te­r*in­nen nicht mehr einzeln verantwortlich.

Darauf dringt besonders die FDP schon lange. Das Bundeskabinett hat die Reform im vergangenen Jahr beschlossen. Auch der Bundestag hat sich im September damit befasst, beschloss es aber nicht. Währenddessen wuchs die Kritik von Klimaschützer*innen, die in der Reform eine Verwässerung sehen.

„Keine Fahrverbote“

„Durch die Abschaffung der jährlichen Sektorziele im Klimaschutzgesetz ist sichergestellt, dass es keine Fahrverbote geben wird“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte in der vergangenen Woche damit gedroht, dass das Autofahren an Wochenenden verboten werden müsse, wenn er ein Sofortprogramm vorlegen müsse.

Dabei ging er davon aus, dass ein Sofortprogramm nach aktuell geltendem Klimaschutzgesetz die Klimaschutzlücke des laufenden Jahres direkt schließen muss. Das Umweltbundesamt schätzt diese im Verkehrswesen auf 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Es gibt wenige Maßnahmen, die so kurzfristig wirken. Investitionen in Schienen oder die Förderung von E-Autos entfalten ihre Wirkung erst langfristig. Schnell helfen würde zum Beispiel ein Tempolimit.

Um die Lücke für 2024 zu schließen, würde das aber nicht reichen. Mit einem Autobahn-Tempolimit auf 100 Kilometer pro Stunde, 80 außerorts und 30 in Städten kommt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf 11 Millionen Tonnen CO₂-Einsparungen. Deshalb Wissings Schlussfolgerung: Helfen würden nur Fahrverbote. Im Klimaschutzgesetz steht allerdings etwas vage, dass Sofortprogramme eine Einhaltung der CO₂-Grenzwerte „für die folgenden Jahre“ sicherstellen sollen.

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Spielräume schrumpfen und Klimaschutz wird teurer

Seit Montag ist auch klar: Nach aktuell geltendem Klimaschutzgesetz muss Wissing auf jeden Fall ein Sofortprogramm vorlegen, genau wie Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die sich die Zuständigkeit für die Klimabilanz der Gebäude teilen. Das hat die Prüfung der deutschen Emissionsdaten für das vergangene Jahr ergeben, für die laut Klimaschutzgesetz der Expertenrat für Klimafragen zuständig ist.

Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen mahnen an, dass es unabhängig von gesetzlichen Formalia mehr Klimaschutz im Verkehrssektor brauche. „Ob mit oder ohne Sofortprogramm: Minister Wissing muss die Emissionen drücken“, sagte Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland. „Nichtstun lässt Spielräume schrumpfen und macht Klimaschutz immer teurer.“

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